Australien: Nicht ganz zwölf Apostel

Die Wettervorhersagen halten weiterhin was sie versprochen haben und die Planungen passen. An diesem sonnigen, strahlend blauen Tag vervollständigten wir die Great Ocean Road von Apollo Bay bis zu den Zwölf Aposteln. Am Tag zuvor sahen wir kleine, süße, plüschige und pummelige Koalas in den Bäumen von Kennett River alias Koala Town.

Manchen Quellen zufolge, wie beispielsweise meinem Lonely Planet, sind es gar nicht zwölf Apostel – heißt zwölf aus dem Meer herausragende Felsformationen – und waren es vor dem Einbruch einer dieser Formationen in 2005 auch nie. Andere Quellen meinen, es käme auf die Sichtweise an. Doch egal wie viele es nun tatsächlich sind – beeindruckend sind sie allemal.

Wer die charismatischen Felsformationen überhaupt so genannt hat, das weiß heute keiner mehr. Dieser Unbekannte hatte sich scheinbar überlegt, dass „The Apostels“ ganz nett klingen würde und bestimmt Touristen anlockt. Und Apostel kommen ja in der Regel zu zwölft, also kam dieser Zusatz dann später noch hinzu. Ob die Felsformationen als „Sow and Piglets“ (Sau und Ferkel) weniger Besucher angelockt hätte als unter dem heutigen Namen, das lässt sich wohl nicht sagen.

Bevor man die Apostel sieht, sieht man zuerst Autos. Zunächst am Eingang zu den Gibson Steps, dann auf dem Parkplatz vor dem Besucherzentrum zu den Aposteln. Wir stellen unseren Camper dort ebenfalls ganz brav ab, laufen durch eine Unterführung und stehen auf der Besucherplattform mit einem hervorragenden Blick auf sandsteinfarbene Felsen, die meterhoch über türkis-blauem Meer bereits Jahrtausende überdauern.

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Wir schlenderten über die ausgedehnte Besucherplattform und auf den gut abgezäunten Klippen entlang und betrachten die Felsen von allen Seiten und Blickwinkeln. Stets in einer Menge fröhlicher Besucher – doch wir sind schließlich zwei von ihnen. Egal, Hauptsache fröhlich!

Meine Freundin hat mir geraten, nicht nur auf der Plattform auf den Klippen stehen zu bleiben, sondern ebenfalls über die Gibson Steps am Fuße einiger Apostel am Strand entlang zu gehen. An dieser Stelle: Danke für den tollen Tipp!

Wir laufen über den warmen Sand und die Wellen umspielen unsere Füße. Manchmal müssen wir auch einen schnellen Schritt nach hinten machen, damit nicht auch noch unsere Beine umspielt werden. Über uns ragen die sandsteinfarbenen Klippen meterhoch, vor uns liegt nur wenige Meter später hinter einer Kurve ein einsamer Strandabschnitt. Und direkt vor uns stehen zwei Apostel. Wir machen es uns auf einem Stein gemütlich und genießen die Wärme auf unserer Haut und die Gänsehaut, wenn die Meeresbrise darüber weht. Eine Möwe leistet uns Gesellschaft.

Wir steigen die Stufen an der Steinwand wieder hinauf und fahren etwas weiter Richtung Westen zum Loch Arch, eine Lagune, in welche sich zwei Überlebende eines Schiffsbruchs (1878) retteten. Um diese Lagune herum finden sich viele verschiedene, gut ausgeschilderte Pfade, die an die Spitzen der Klippen, an den Strand und durch grün-graues Buschland führen. Wir nahmen sie (fast) alle mit und ein Schabeligel wackelte nach unserem letzten Walk auf der Straße vor uns her:

Pünktlich zum Sonnenuntergang sollte man dann wieder an der großen Aussichtsplattform der Zwölf Apostel sein, denn dann soll der goldene Sonnenschein die Felsen wunderschön leuchten lassen. Sonnenschein war jedoch nicht, geleuchtet haben nur die Sensoren und Displays der unzähligen Kameras, welche mit uns auf diesen spektakulären Moment, welcher leider aufgrund von Wolken nicht eintrat, warteten.

Entsprechend dunkel war es dann bereits, als wir uns zurück zum Camper machten. Wir hatten noch keinen Campingplatz gebucht / ins Auge gefasst (wie eigentlich immer) und machten uns ganz langsam zurück in Richtung Zivilisation. Wie üblich warnten Schilder vor Kängurus, vor allem bei Dämmerung, und da bereits eins auf der Straße stand und guckte, nahmen wir gleich die erste Abbiegung, die Richtung Campingplatz zeigte. Welch großartige Entscheidung!

Wir erreichten im Dunkeln das Princetown Recreation Reserve, zahlten 20 $ für den Stellplatz und parkten uns ein. Als ich von der Toilette kam, sah ich keine fünf Meter von unserem Camper entfernt dunkle, große Punkte auf einer Rasenfläche, mitten auf unserem Campingplatz. Ich schlich mich leise heran und hörte das Zupfen von Gräsern. Eine Herde Kängurus, 20 Tiere, graste gemütlich direkt neben uns. Ich schlich mich weiter heran, hockte mich hin und beobachtete sie. Und sie beobachteten mich. Zupften, richteten sich zu ihrer vollen Größe aus und schauten. Schauten und zupften. Wie ich so dahockte und sie so standen kamen sie mir noch größer vor als sonst. Das größte Tier war aufgestellt bestimmt 1,60 m hoch. So beäugten wir uns einige Minuten, bis dieses große Känguru mir doch zu groß wurde und ich mich wieder aufstellte, damit jeder sieht, wer hier der größte Macker ist – nämlich ich! 1,80 m, Digga!

Meine Freundin erzählte mir vor dieser Reise von ihrem perfekten Australien-Moment: Sie wachte morgens auf, trat aus ihrer Unterkunft heraus und im Morgenlicht lief ein Koala vor ihr über die Straße. Nun, an diesem Abend hatte ich vielleicht meinen Australien-Moment.

Ich lag also unter dem Schlafsack falsch herum im Van, hatte alle Türen geöffnet (beide Seiten und Heckklappe) und hielt eine Dose kühlen Cider in der Hand. Links von mir grasten die Kängurus „zupf, zupf“, wenn ich lauschte, konnte ich es bis in den Van hören. Rechts von mir hörte ich die Stimmen anderer Backpacker, eine Lampe leuchtete zwischen ihren Zelten. Über mir leuchteten die Stern und von meinem Platz aus sah ich das Southern Cross – eine Sternformation, die man nur auf der Südhalbkugel sieht. Leise zirpten die Grillen. Okay, die Moskitos surrten auch, doch das tat dieser Perfektion keinen Abbruch.

Was ist euer Australien-Moment?

6 Gedanken zu “Australien: Nicht ganz zwölf Apostel

  1. Hallo Aankee,
    was für wunderbare Aufnahmen! Slebst habe ich es leider noch nicht nach Australien geschafft, aber die Bilder wie diese motivieren wirklich dazu 🙂 Ich wünsche dir noch ganz viel Spaß auf deiner Reise!

    Liebe Grüße
    Chrissy

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